Deutscher
Bundestag
Petitionsausschuss
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Petition Nr. 3-15-10-787-026898
Pulheim, 28.02.2005
Ihr Schreiben vom 13.12.2004
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beantragen die Fortsetzung des o.a.
Petitionsverfahrens und nehmen zu dem Schreiben des Bundesministeriums
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft wie
folgt Stellung: Zunächst: es kann nicht zu Lasten des Tierschutzes
gehen, wenn bisher keine statistischen Erhebungen über die
Einfuhr von Katzen- und Hundefellen oder der daraus hergestellten
Produkte gemacht wurden. Seit wann ist Tierschutz ein quantitatives
Problem? Jedes einzelne Tier, das auf tierquälerische Weise
zu Tode kommt, ist eines zuviel. Die Problematik des Katzen- und
Hundefellimportes ist seit Jahren bekannt. Wenn die Einfuhrmenge
für ein Importverbot von so entscheidender Bedeutung ist, warum
wurden dann nicht längst entsprechende Statistiken durchgeführt?
Über die Gründe kann man nur spekulieren. Denkbar ist
– außer Interesselosigkeit-, dass die Erhebung und anschließende
Veröffentlichung der Importzahlen zu massiven Protesten und
damit zu vermehrtem politischem Druck aus der Bevölkerung führen
könnten, was natürlich nicht erwünscht ist.
Offensichtlich ist dieses Argument aber
wohl doch nicht so wichtig. Denn – und hier zitieren wir das
Schreiben des Bundesministeriums - „aus Tierschutzgründen
hat sich Frau Bundesministerin Künast bereits im Jahr 2002
im EU-Agrarrat gemeinsam mit Vertretern anderer Mitgliedstaaten
wegen der Außenhandelskompetenz der EU für ein EU-weites
Einfuhrverbot für Hunde- und Katzenfelle ausgesprochen“.
Weiter schreibt das Bundesministerium: „Die Bundesregierung
ist aufgrund der Außenhandelskompetenz der EU der Auffassung,
dass nur durch ein gemeinschaftsweites EU-Einfuhrverbot unter Beachtung
der WTO-Anforderungen Einfuhr und Handel mit Hunde- und Katzenfellen
wirksam unterbunden werden können." Diese Aussage steht
in krassem Widerspruch zu dem Bericht über die Tagung des Rates
für Landwirtschaft und Fischerei vom 17.11.2003 in Brüssel
zum Tagesordnungspunkt EU-Importverbot für Hunde- und Katzenfelle.
Dort heißt es wörtlich: „Bundesministerin
Künast wies darauf hin, dass es der EU z.B. zum Schutz von
Robben-Babies gelungen sei, unkonventionelle Wege im Interesse der
Tierschutzes zu gehen. Im Übrigen hätten die USA bereits
im November 2000 ein entsprechendes Importverbot erlassen. Dies
zeige, dass auch für die EU eine WTO-konforme Lösung möglich
sein müsse. Kommissar Byrne erklärte, die Kommission
habe die Möglichkeit eines EU-weiten Importverbots in den vergangenen
Monaten intensiv geprüft. Dabei sei sie zum Ergebnis gekommen,
dass der EG-Vertrag keine Grundlage für einen entsprechenden
Vorschlag biete. Er ermuntere die Mitgliedstaaten, zunächst
auf nationaler Ebene Importverbote zu erlassen. Diese Vorgehensweise
erleichtere es der Kommission, selbst aktiv zu werden.“
Es ist doch sehr befremdlich, wie nun
das Bundesministerium zu genau der gegenteiligen Aussage kommt und
sich entgegen der Empfehlung der EU-Kommission gegen ein nationales
Ein- und Ausfuhrverbot sperrt.
Wenn schon aus Sicht der EU-Kommission
ein nationales Importverbot erlassen werden kann und soll, ist die
Haltung des Bundesministeriums nicht mehr nachzuvollziehen. Das
Argument, dass ein Importverbot WTO-konform sein müsse, kann
wohl dann nur noch als vorgeschobener Grund angesehen werden. Der
Weg, den die EU-Kommission aufgezeigt hat, ist doch wohl der, dass
zunächst die Vertragsstaaten nationale Import- und Exportverbote
erlassen sollen und dann die EU nachzieht.
Einige Vertragsstaaten haben diesen Weg
schon beschritten. Was sollte die Bundesregierung daran hindern,
den gleichen Weg zu gehen? Es entsteht der Eindruck, dass es hier
massiv am politischen Willen zur Durchsetzung fehlt. Die EU-Kommission
schiebt die Verantwortung auf die Vertragsstaaten und die Bundesregierung
will nur eine EU-weite Lösung. Da beißt sich die Katze
in den Schwanz.
Wir fordern, dieses unerträgliche
Kompetenzgerangel und das Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeiten
endlich zu beenden und ein nationales Import- und Handelsverbot
von Katzen- und Hundefellen zu erlassen.
Es ist auch nicht richtig, dass durch nationale Ein-
und Ausfuhrverbote der Handel nicht wirksam unterbunden werden kann.
Hier sollte das Bundesministerium zwischen Legislative und Exekutive
unterscheiden. Das Import- und Handelsverbot ist eine Sache, die
Kontrolle desselben eine andere. Bei diesem Argument handelt es
sich unserer Auffassung nach um einen vorgeschobenen Grund. Genauso,
wie der Zoll und alle anderen dafür zuständigen Behörden
den Import und den Handel mit artengeschützten Pflanzen und
Tieren und deren Produkten kontrollieren kann, genauso dürfte
es auch bei Katzen-und Hundefellen möglich sein. Einfach nur
zu behaupten, dass eine Kontrolle nicht möglich sei und deshalb
durch eine nationale Regelung der Handel nicht wirksam unterbunden
werde könne ist etwas zu einfach. Es wäre auch das erste
mal, wo ein Gesetz nur deswegen nicht erlassen würde, weil
seine Durchsetzung eventuell nicht gewährleistet werden könnte.
Dann müssen eben die entsprechenden Kontrollmechanismen geschaffen
werden. Im übrigen scheinen die anderen Staaten offensichtlich
diese Bedenken nicht zu haben.
Und was die freiwillige Selbstverpflichtungserklärung
der Spitzenverbände des Pelzhandels aller EU-Mitgliedstaaten
angeht, so ist sie das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben
steht. Bei dieser Erklärung – von der das Bundesministerium
so begeistert ist – wurden zwei entscheidende Punkte übersehen.
Erstens, diese Erklärung ist freiwillig. Falls
der Pelzhandel dagegen verstößt, hat das nicht die geringsten
Folgen, zumal ja keine staatliche Stelle Verstöße dagegen
kontrolliert geschweige denn mangels rechtlicher Grundlage auch
nur im geringsten ahnden könnte. Zweitens, selbst wenn man
den Spitzenverbänden den guten Willen unterstellt, so wird
durch diese Erklärung weder der Import noch der Handel von
so genannten Rheumadecken aus Katzenfellen oder von Dekorationsartikeln
verhindert. Letztere überschwemmen regelmäßig zu
Ostern und Weihnachten den deutschen Markt zu hunderttausenden.
Die Wirkung der Selbstverpflichtungserklärung
geht somit gegen null. Was jedoch unserer Meinung der Gipfel der
Naivität - oder schlimmeren Fall der Ignoranz darstellt ist
der Hinweis darauf, dass „die Mitglieder des Deutschen Pelzverbandes,
die den Einzelhandel bedienen, jedes Pelzbekleidungsstück fest
mit einem Etikett, das die handelsübliche Bezeichnung in lateinischer
Sprache ausweist.“
Zum einen: Dies ist schlichtweg eine glatte Lüge.
Allein in Köln zeichnet ca. jedes vierte Geschäft, das
Pelzwaren verkauft, seine Ware nicht ordnungsgemäß aus.
Wenn man als Verbraucher Glück hat, dann steht auf dem Etikett
allenfalls noch „Echter Pelz“. Welcher das dann ist,
darüber lässt man den Kunden dann im ungewissen. Und auch
eine Nachfrage bei dem Verkaufspersonal führt in der Regel
nicht weiter, da selbiges oft noch weniger Ahnung von der Art des
Pelzes hat wie seine Kunden. Und bitte, welcher Verbraucher verfügt
schon über so profunde Kenntnisse der zoologischen Fachbegriffe,
dass er mit den lateinischen Spezialbezeichnungen etwas anfangen
könnte? In unserem Verein befinden sich Mitglieder, die über
das große Latinum verfügen. Und auch die können
ohne einen Blick in die entsprechenden Fachbücher nicht sagen,
um welchen Pelz es sich handelt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung
laufen die Verbraucher beim Einkaufen auch nicht mit einem Lexikon
unter dem Arm herum. Es wurden bisher auch keine Beobachtungen dieser
Art gemacht. Und es ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, dass
dies geschieht. Im übrigen ist es eine Zumutung und Unverschämtheit,
die Verantwortung auf diese Art und Weise auf den Verbraucher abzuschieben.
Der deutsche Pelzverband betreibt unserer Meinung
nach massive Augenwischerei, die durch die Zögerlichkeit und
den mangelnden politischen Willen auch noch unterstützt wird.
Es ist erfreulich, dass das Bundesministerium der
Meinung ist, dass „In Anbetracht des geringen Domestikationsgrades
und der dadurch bedingten besonderen Haltungsansprüche dieser
Tiere“ wichtig ist, „dass die tierschutzrechtlichen
Haltungsbedingungen für Pelztiere grundlegend verbessert werden.“
Wenn aber schon seit Jahren die Erkenntnis vorliegt,
dass Pelztiere einen geringen Domestikationsgrad aufweisen - also
de facto als Wildtiere zu betrachten sind - und auch das Bundesverwaltungsgericht
bereits 1980 unter Az. 4 C 61.77 und dann am 09.12.2004 zu Az. 3
C 7.04 entschieden hat, dass Pelztiere keine landwirtschaftlichen
Nutztiere sind, ist es um so mehr verwunderlich, dass noch immer
keine entsprechenden Richtlinien für die Haltung von Pelztieren
vorliegen.
Dies scheint aber politisches Kalkül zu sein,
denn wenn Nerze, Füchse etc. endlich unter tierschutzrechtlichen
Aspekten artgerecht gehalten würden, dann würde das wohl
die Schließung der Pelztierfarmen bedeuten, da eine artgerechte
Haltung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich
ist. Dies ist aber – und nur so kann die zögerliche Haltung
sowohl der Bundsregierung als auch der EU-Kommission interpretiert
werden – aus wirtschaftlichen und politischen Gründen
nicht gewünscht.
Wie auf der Homepage des BUND zu lesen ist hat bereits
„1992 Bundesrat die Bundesregierung, unverzüglich zum
Erlass einer Verordnung zur tierschutzgerechten Haltung von Pelztieren
aufgefordert und dies im November 2001 wiederholt. Nichts ist seitdem
geschehen - weder unter einer CDU/FDP-Regierung noch unter Rot-Grün.“
13 Jahre sind doch wahrhaft genug Zeit gewesen.
Spätestens nach dem letzten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
wäre zu erwarten gewesen, dass nun endlich diese Pelztierhaltungsverordnung
beschleunigt verabschiedet wird. Da klingen dann die Beteuerungen
des Bundesministeriums wie „Es ist geplant, die Haltungsanforderungen
für Pelztiere, die dem geringen Domestikationsgrad dieser Tiere
Rechnung tragen, alsbald rechtlich zu regeln." wie der reinste
Hohn. Die unentschuldbare Verzögerung dieser Richtlinien ist
Ursache für das unsägliche Leid der Pelztiere und dies
kann nicht länger hingenommen werden.
Der Hinweis des Bundesministeriums, dass „Verarbeitung
und Handel mit Erzeugnissen aus Tierfellen, die in Übereinstimmung
mit den geltenden Rechtsvorschriften bei der Jagd, aus Pelztierhaltungen
oder bei der Schlachtung oder Tötung von Tieren gewonnen werden,
nicht verboten werden können“ ist überflüssig.
Es ist uns sehr wohl bewusst, dass die momentane Rechtslage sehr
vieles zulässt, was aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht zulässig
sein sollte. Aber genau das ist ja unser Anliegen: nämlich
Änderung der Rechtslage. Wir verweisen deshalb nochmals eindringlich
auf die Forderungen in unserer Petition und fordern ausdrücklich
die Fortführung des Petitionsverfahrens.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Straeten, Vorsitzender TVG
Pulheim und IfT – Internet(z)werk für Tiere Deutschland |