Brief
an Dr. Bottermann zum Thema Haustierdiebstahl
Ministerium
für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
Düsseldorf
Sehr
geehrter Herr Dr. Bottermann,
Ihr
Antwortschreiben vom 9.3.04 habe ich dankend erhalten.
Ich habe mich gefreut, dass Sie zumindest in einigen
Punkten inhaltlich auf mein Schreiben an den Ministerpräsidenten
Herrn Peer Steinbrück vom 4.1.2004 eingegangen
sind und ich nicht wie bei meinem Schreiben zum
Fall „Covance“ drei mal das gleiche
Standardschreiben erhalten habe, das vermutlich
alle bekommen haben, die in der Angelegenheit
geschrieben haben.
Sie
schreiben, „die Vorwürfe von Tierschützern,
dass viele Haustiere von Tierhändlern gestohlen
werden zum Verkauf an Versuchslabore“ sind
auch Ihnen bekannt. Und weiter: „Aber diese
Vorwürfe konnten nach eingehenden amtlichen
Überprüfungen bisher nicht bestätigt
werden.“ Gerne wüsste ich, wie denn
diese Überprüfungen aussehen!
Fakt
ist, dass skrupellose Tierhändler gestohlene
Katzen mit gefälschten Papieren ausstatten
können zum Weiterverkauf. Selbst die für
fälschungssicher erklärten Euroscheine
sind mittlerweile unkontrollierbar als Blüten
überall im Umlauf und laut Kriminalpolizei
nicht mehr vom Original zu unterscheiden. Es ist
ein Riesenskandal, dass nicht endlich vom Gesetzgeber eine
bundesweite SOKO Katze eingerichtet wird für
weiterführende Ermittlungen, wohin die gestohlenen
Katzen verkauft werden.
Bei
den gestohlenen Haustieren handelt es sich um das Eigentum von Bürgern.
Laut Tierschutzgesetz ist es „verboten, Wirbeltiere zu fangen,
wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden“
für das Tier verbunden ist.
Die
Katzen, die mit verschiedenartigen Fangmethoden
gefangen werden, leiden erheblich und werden zudem
noch missbraucht als Versuchstiere oder als Opfer
für den Fellbedarf enden. Etliche Felle von
Hunden (unter der Bezeichnung Gae-Wolf) und
Katzen (Begriff „Genotte“) werden
jedes Jahr von der Pelzindustrie vermarktet.
Kontrollen
in Tierexperimentellen Einrichtungen sind als
hinfällig zu betrachten, weil sie vorher
angekündigt werden müssen. Gerade das
Beispiel Covance verdeutlicht, dass bestehende
Tierschutzgesetze nicht beachtet werden müssen.
Nur durch einen mutigen Journalisten sind Bilder
an die Öffentlichkeit gelangt, die sonst
im Verborgenen geblieben wären. Sämtliche
so genannten „Kontrollinstanzen“ haben
versagt!
Viele Tierschutzorganisationen und die Vereinigung
„Ärzte gegen Tierversuche“ werfen
der Staatsanwaltschaft Parteilichkeit vor. „Den
Interessen des finanzstarken Industrieunternehmens
wurde Vorrang gegenüber dem Tierschutz eingeräumt“,
„die Affen dürfen mit staatlicher Genehmigung
weitergequält werden“, so die Ärztevereinigung.
Trotz der eindeutig auf Film festgehaltenen Beweise
für Straftatbestände wurde das Verfahren
eingestellt und laut Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen
wurde die Beschwerde der Stadt Münster zurückgewiesen,
die eine Videoüberwachung ermöglichen
sollte.
Für
alle Tierschützer unfassbar, dass weder die
Politik noch Justiz den Willen des Gesetzgebers
auch umsetzt. Nicht einmal die Tierschutzverbände
können handeln, weil es noch kein generelles
Verbandsklagerecht in Deutschland gibt. Und nun
raten Sie mal, wer sich öffentlich dagegen
ausgesprochen hat? Der Tierschutzbeauftragte der
CDU, Herr P. Bleser. Selbst die Tierschutzbeauftragten
verschiedener Parteien kann man eher als Interessenvertreter
der Wirtschaftsunternehmen wahrnehmen.
Wissenschaftliche
Studien belegen, dass Tierversuche häufig
gar keine Relevanz für den Menschen haben
(Presseerklärung Ärzte gegen Tierversuche
vom 11.3.04 „Britische Studie zweifelt Tierversuche
an“). Diese Studie verdeutlicht, dass Tierversuche
gefährlicher wissenschaftlicher Unsinn sind.
So werden auch Millionen Steuergelder verschwendet
für ein vergebliches Leiden der Tiere. Statt
endlich in tierversuchsfreie Testmethoden zu investieren,
die zudem auch Arbeitsplätze schaffen würden.
Es
besteht dringender politischer Handlungsbedarf.
Seit den 70er/80er Jahren ist hinreichend bekannt,
dass gestohlene Katzen an Versuchslabore verkauft
werden und auch, dass Fell von Katzen vermarktet
wird. Die Tierhändler verkaufen das „Tiermaterial“,
wo gerade Bedarf herrscht. Der Verkauf einer Katze
an eine tierexperimentelle Einrichtung bringt
ab 650,-Euro aufwärts ein. Ein Katzenfell,
welches beispielsweise als Rheumadecke verkauft
wird ca. 80,- Euro.
All
die Jahre nun läuft es so, dass vom Privatbürger
verlangt wird, Beweise zu erbringen. Alle Verantwortlichen
schieben ihre Verantwortung auf den jeweils anderen
ab, zurück bleiben wir verwaiste Tierhalter.
Inhaltlich obliegen unsere Forderungen dem Bundesministerium
für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Von Ministerin Renate Künast
bekamen wir mehrfach die Antwort, dass ausschließlich
der Gesetzesvollzug der nach Landesrecht zuständigen
Behörden (Veterinärämter, Polizeidienststellen)
zuständig sind. Zu einer Änderung des
Tierschutzrechtes gebe es keinen Handlungsbedarf.
In
unserem Fall hier in dem Ort, wo ich wohne, ist
die Polizei nicht weiter tätig geworden bei
14 gestohlenen Katzen innerhalb von 2-3 Monaten.
In anderen Orten wie im Kreis Kleve z.B. (dazu
gab es auch in den Medien mehrere Berichterstattungen
), wo 54 Katzen in kürzester Zeit gestohlen
worden sind, ermittelt die Polizei immerhin.
Die
Staatsanwaltschaften stellen das Verfahren dann
ein mangels Beweisen. Für die Medien sind
Tierversuche und Haustierdiebstahl kein Thema,
weil nur Einschaltquoten zählen. Und auch
für eine Medienberichterstattung sind Beweise
und Aufklärung über Zusammenhänge
gefordert, die einzelne Privatbürger nicht
erbringen können. Zudem ist Tierschutz weitgehend
aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verdängt.
Es betrifft nur eine engagierte Minderheit.
Wir
fragen uns seit nunmehr 8 Jahren, was braucht
die Politik, Polizei und Staatsanwaltschaft eigentlich
noch an Beweisen? Die Westfalenpost meldete am
1.11.1997 „Einige Tiere zurück an Besitzer“:
ein Tierhändler aus Bayern hielt 72 Katzen
und 8 Hunde in einem Auffanglager fest, das entdeckt
worden war. Das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft
Landshut wurde eingestellt, weil das Vorliegen
„von erheblichen Leiden der Tiere nicht
nachweisbar sei.“ So wurden auch in den
letzten Jahren immer wieder einzelne Täter
gefasst und wieder mit einem Bußgeld auf
freien Fuß gesetzt. Auch aktuellere Beispiele
aus der Presse liegen uns vor: Es werden Bußgelder
verhängt, weiterführende Ermittlungen
finden nicht statt.
5
Millionen Katzenbesitzer in Deutschland müssen
bei Tag und Nacht mit dem Diebstahl ihrer Katze
rechnen und niemand tut etwas dagegen! Deutschland
ist ein Tierfängerparadies...
Folgende
Punkte müssen von politischer Seite geregelt
werden:
-
der
Gesetzgeber hat dafür zu sorgen, dass das Tierschutzgesetz
auch in Tierexperimentellen Einrichtungen wirksam ist und zwar
nicht nur auf dem Papier
-
Einrichtung
eines sofortigen umfangreichen Förderprogramms zur weiteren
Entwicklung und Anerkennung von tierversuchsfreien Testmethoden
-
Abschaffung
aller vom Gesetzgeber geforderten Tierversuche
-
Genehmigungspflicht
für alle so genannten Vorversuchstestreihen
-
Überprüfungen
und Kontrollen aller Tierhändler und Zuchtanstalten von
„Tiermaterial“ ohne Kontrollankündigung
-
Aufdeckung
der illegalen Labortierbeschaffung bundesweit
-
Einrichtung
einer bundesweiten SOKO Katze, die weiterführende Ermittlungen
durchführt, wer die Endabnehmer der ca. 300.000 jährlich
in Deutschland gestohlenen Katzen sind. Weitergehende Differenzierung
und Analyse von Tierdiebstahlstraftaten
-
Einführung
eines neuen polizeilichen Informationssystems (Inpol-neu)
-
scharfe
gesetzliche Umsetzung des Tierschutzrechtes bei gesetzlichen
Verstößen
-
Bisher
gab es nur milde Ordnungswidrigkeits-Bußgelder, sogar bei mehrfach
vorbestraften Wiederholungstätern (Pressemeldungen der
Polizei dazu kann bei Bedarf zugesendet werden sowie milde verhängte
Bußgelder bei Tierdiebstählen durch verschiedene Staatsanwaltschaften.)
Für
uns bleibt weiter völlig unverständlich,
warum in allen bisher in den Medien bekannt gewordenen
Fällen von Haustierdiebstählen keine
weiterführenden Ermittlungen seitens der
Polizei oder Staatsanwaltschaften durchgeführt
worden sind. Und das obwohl es sich beim
Thema Haustierdiebstahl um ein jahrelanges Phänomen
handelt. Konkrete Verdachtsmomente liegen jedenfalls
ausreichend vor. Daran kann unser Anliegen nicht
scheitern.
Die
Initiative Katzenrettung Goslar/Werl ist nur eine von bundesweit
ca. 7.000 Initiativen zur Aufklärung des Haustierdiebstahls
und wir haben seit 8 Jahren verschiedenstes Material zum Thema gesammelt,
alleine an die hundert verschiedene Presseberichte aus allen Regionen
Deutschlands.
Häufig
hören wir das Argument, nur weil es den Haustierdiebstahl
gibt, kann man nicht daraus schlussfolgern, alle
Tierversuche abschaffen zu wollen. Der bekannte
Tierrechtler Host Stern hat einmal gesagt, dass
Haustierdiebstähle zu enormen Strömungen
gegen Tierversuche führen. Viele Tausende
Hunde und Katzen leiden Höllenqualen in deutschen
Versuchslaboren neben Millionen anderen Tieren.
Mit
freundlichen Grüßen
Johanna Brandt, 38690 Vienenburg |